Ein „natürliches Beruhigungsmittel für das Nervensystem“
Einschlafen in nur wenigen Minuten: Was bringt die 4-7-8-Methode?
Guter Schlaf ist wichtig für die körperliche und geistige Gesundheit.
Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden die Luft anhalten, acht Sekunden ausatmen: Diese Atemtechnik verspricht Schlaf in Minutenschnelle. Doch kann das wirklich funktionieren? Ein Schlafmediziner klärt auf.
50 Schäfchen sind schon über den Zaun gesprungen. 51, 52, 53 ... Das Zählen bleibt zwecklos. Egal, wie viele gedachte Schäfchen noch über den Zaun springen, egal, wie oft man sich unter der Bettdecke hin und her wälzt, egal, wie müde man sich eigentlich fühlt – der Schlaf will einfach nicht kommen. Die Nacht wird zum Albtraum.
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Einschlafprobleme sind weit verbreitet: Etwa jeder dritte Deutsche leidet darunter, wie Anfang August vergangenen Jahres eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur ergeben hatte. Zusätzlich hat die Corona-Pandemie Einfluss auf den Schlafrhythmus genommen. Das zeigen mehrere internationale Studien. Eine von ihnen kam jüngst etwa zu dem Ergebnis, dass geschätzt 52 Prozent der Menschen, die sich mit dem Coronavirus anstecken, während der Infektion unter Schlafstörungen leiden. Die Schlafprobleme können sogar noch nach durchgemachter Erkrankung anhalten, wie eine Forschungsarbeit aus den USA nahelegt. Menschen mit Long Covid, also Corona-Spätfolgen, schliefen demnach insgesamt weniger und bekamen weniger Tiefschlaf als Teilnehmende, die sich nicht mit Corona infiziert hatten.
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Was also tun, wenn das Schäfchenzählen nichts bringt? Andrew Weil empfiehlt in diesem Fall die 4-7-8-Methode. Die nach seiner Ansicht „stärkste Entspannungsmethode“, die Schlaf in Minutenschnelle verspricht.
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Wie funktioniert die 4-7-8-Methode?
„Sie ist sehr einfach, erfordert keine Ausrüstung, nimmt wenig Zeit in Anspruch und kostet nichts“, sagt Weil über die Atemtechnik, die auf der alten Yogapraxis Pranayama basiert. Wie sie funktioniert, zeigt der US-amerikanische Experte für Heilpflanzen und alternative Medizin in einem Youtube-Video. In einem blauen Kurzarmhemd sitzt er auf einer Veranda, neben ihm ein Hund, im Hintergrund eine Art Schaukelsitzecke und überdimensionierte Blumentöpfe mit Grünpflanzen. Weil atmet noch einmal laut hörbar aus, schließt die Augen und dann geht es los.
Vier Sekunden lang atmet er durch die Nase ein. Sein Brustkorb hebt sich, bleibt angespannt, sieben Sekunden lang hält Weil den Atem an. Durch die geschürzten Lippen, die von einem weißen Vollbart eingerahmt werden, entweicht ihm anschließend ein „Wusch“-Geräusch. Acht Sekunden lang müsse man ausatmen, erklärt er. Diesen Ablauf wiederholt Weil viermal. Dann öffnet er die Augen und sagt: „Es fällt mir etwas schwer, wieder zurückzukommen und mit Ihnen zu sprechen, weil es einen sehr angenehmen veränderten Bewusstseinszustand erzeugt, in dem ich lieber bleiben möchte.“
Am Ende des Videos gibt Weil dann aber doch noch einige Tipps. Die 4-7-8-Methode sei ein „natürliches Beruhigungsmittel für das Nervensystem“, erklärt er. Nicht nur um besser einschlafen zu können, sei die Atemtechnik geeignet, sondern auch für Stresssituationen. Zweimal am Tag solle man sie durchführen, um einen Trainingseffekt zu erzielen.
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Schlafmediziner: besser Schlafroutinen etablieren
„Als Wissenschaftler muss ich sagen: Ich kenne dazu keine Studien“, sagt Thomas Penzel, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin und Wissenschaftlicher Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums der Berliner Charité, mit Blick auf die 4-7-8-Methode. „Und wenn es keine Studien gibt, die eine Wirksamkeit oder Unwirksamkeit zeigen, kann man dem erst einmal nicht trauen.“ Er empfiehlt stattdessen, eine Schlafroutine zu etablieren, die für Entspannung vor dem Zubettgehen sorgt. Das kann zum Beispiel die warme Tasse Milch sein, die man jeden Abend trinkt. Oder aber eben eine Atemübung.
„Einschlafen ist Verhalten“, stellt Penzel klar, „das heißt, man kann es nicht erzwingen. Schlaf braucht seine Zeit und seinen Raum.“ Wer trotz seiner Routinen nicht einschlafen kann, sollte sich also nicht im Bett hin und her wälzen, sondern besser aufstehen und etwas anderes tun, bis die Müdigkeit einsetzt. „Lieber sollte man beispielsweise mit den Ritualen noch einmal von vorne anfangen.“
Wenn zu wenig Schlaf krank macht
Einschlafprobleme sind zunächst einmal nicht dramatisch oder gefährlich. Jeder und jede hat von Zeit zu Zeit mit ihnen zu kämpfen, das sei normal, sagt Penzel. Problematisch wird es erst, wenn die Einschlafstörungen länger anhalten. Sind sie nach vier Wochen noch immer nicht verschwunden und treten sie jede Woche mindestens dreimal auf, sollte man sich ärztlichen Rat suchen. Die erste Anlaufstelle ist der Hausarzt oder die Hausärztin, der oder die dann die nächsten Schritte einleiten kann, zum Beispiel eine Vermittlung zu einem Psychologen, der Einschlafberatung gibt.
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Denn auf Dauer schadet Schlafentzug der Gesundheit. So kann fehlender Schlaf etwa zu einer beeinträchtigten Konzentration oder zu Stimmungsschwankungen führen. Chronischer Schlafmangel kann zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus erhöhen. Deshalb betont der Schlafmediziner: „Wir sollten auf unseren Schlaf achten, genauso wie wir auf unsere Ernährung achten.“